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No. 21/2020
La nueva política de mediocridad / Die neue Politik des Mittelmaßes
Columna de Emilio Avíla Mateos, editor de estrella
Für politisch denkende Menschen auf der gesamten Welt, die sich irgendeine Hoffnung auf die Möglichkeit einer besseren Gesellschaft machen, muss die aktuelle Situation San Cristóbars wie ein schöner Traum erscheinen. Wir haben nicht nur die schönsten Strände und wissen, wie la buena vida geht, sondern auf der Ebene der Politik derzeit tabula rasa. Hurra, hurra, das Gesetzblatt brennt! Die positive Veränderung der lähmenden und überkommenen sozialen Strukturen schien selten so zum Greifen nahe; der ganze Ballast von verlorenen Jahrzehnten der Stagnation wirkt wie abgeworfen. Endlich könnten die „Diener des Volkes“ in den Parlamenten und Regierungskanzleien zeigen, wie viel ehrlicher Willen zur Verbesserung der Lebensumstände in ihnen steckt.
Aber weit gefehlt. Stattdessen herrscht in der bürgerlichen Politikerklasse orientierungsloses Mittelmaß. Die Regierung Gutiérrez Jiménez durfte zwar nun bereits vor einigen Monaten auf den antiken Polstermöbel (sitzt man darauf eigentlich gemütlich?) der villa azul Quartier beziehen, aber auf genuin politische Impulse wartet man bis heute vergebens. Die neue Politik unserer aktuellen Regierung zeigt sich eher, in dem sie sich rar macht. Gesetzesinitiativen, Konzepte, Reden – Fehlanzeige. Die diplomatischen Gäste, die den Aeropuerto José Vázquez nun wieder stärker frequentieren, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch in der Außenpolitik auf kurze Sicht gefahren wird. Die Regierung der Zentristen von der republikanischen Partei ist jene des inhaltlichen Vakuums.
Eine untätige Regierung? „Es könnte schlimmer sein“, könnte man im ersten Moment noch denken. Und tatsächlich, wenn man die frisierten Brüllaffen der politischen Rechten so ansieht, dann überkommt einen die Ahnung, wie viel schlechter es noch sein könnte. Aber der Eindruck der Untätigkeit trügt: Hinter der Fassade des lauen Schmierentheaters der politischen Klasse schreitet die kapitalistische Verwertung (sie nennen es Innovation) und Ausbeutung (sie nennen es Freiheit) ungehemmt voran. Was tun? Fest steht, dass wir keine falsche Hoffnung in die bürgerliche Parteienpolitik und ihre Institutionen der Verwässerung und Heuchelei setzen dürfen. Wenn es besser werden soll – demokratischer, solidarischer, freier, gerechter – dann müssen wir schon selbst ran!
Also: Organisiert euch, werdet klüger, werdet mehr und seid laut! Wenn die Herrschenden etwas im Interesse der Mehrheit durchsetzen sollen, dann müssen wir den gesellschaftspolitischen Druck aufbauen, der sie dazu zwingt. Venceremos!